Mit 96 Jahren verstarb am 18. März Dr. Catherine Hamlin, Mitbegründerin des Addis Abeba Fistula Hospitals und engagierte Kämpferin für die Würde von Frauen mit Geburtsverletzungen.
Wir, Jutta Ritz und Dr. Barbara Teltschik, lernten sie beide unabhängig voneinander gegen Ende ihres aktiven Berufslebens kennen, waren beeindruckt von ihrer visionären Klarheit und Stärke und es war uns eine große Ehre, sie in ihrem Wirken über 15 Jahre unterstützen zu dürfen. Ihrer Stimme ist es zu verdanken, dass sich heute viele Organisationen für die Müttergesundheit in Entwicklungsländern engagieren.
Geboren, aufgewachsen und ausgebildet in Australien kam sie 1959 mit ihrem Mann Reginald und kleinen Sohn Richard nach Äthiopien, einem Ruf des Kaisers Haile Selassie folgend, der Gynäkologen zur Ausbildung von Hebammen suchte. Vor dem Krankenhaus trafen sie viele Patientinnen, die aufgrund ihres Geruchs nicht hereingelassen wurden – man könne ihnen sowieso nicht helfen. Ihre ärztliche Auffassung war anders und sie fingen an, sich mit der in der westlichen Welt heute vergessenen Problematik der Geburtsfistel zu beschäftigen und eine moderne, einfache Operationstechnik zu entwickeln.
Der Zustrom von Frauen aus allen Landesteilen konnte kaum bewältigt werden, so dass sie mit Spendengeldern aus Australien, England und USA 1974 ein eigenes Krankenhaus mit 120 Betten am Stadtrand von Addis Abeba eröffneten.
Über 40.000 Frauen wurden seither operiert, Dutzende von Gynäkologen aus Äthiopien und anderen Entwicklungsländern in Fistelchirurgie ausgebildet. Der ganzheitliche Anspruch stand immer im Vordergrund, die Patientinnen nicht nur chirurgisch, sondern auch psychologisch, physio- und ergotherapeutisch zu behandeln und ihnen Fähigkeiten wie Lesen, Schreiben und Wissen über ihre Erkrankung mit nach Hause zu geben, um ein selbstständiges Leben zu führen.
Prävention war ein weiteres Anliegen, das Dr. Catherine Hamlin aufgrund des lange dauernden Bürgerkriegs in Äthiopien erst nach dem Tod ihres Mannes verwirklichen konnte. Eine Hebammenschule wurde gegründet, staatliche Gesundheitszentren mit Geburtseinheiten ausgestattet, die fünf regionalen Hamlinkliniken führen auch Kaiserschnitte durch. Letzteres konnte die bis ins hohe Alter tätige Operateurin nicht mehr aktiv mitgestalten, doch die Hebammenschule war ihr Herzblatt, war sie doch ursprünglich dafür ins Land gekommen.
Bis vor wenigen Jahren führte Dr. Catherine Hamlin der tägliche Spaziergang durch das Klinikgelände noch über die Station, wo sie mit Interesse an Visiten teilnahm und Ratschläge erteilte.
Zunehmend geschwächt, spazierte sie bis vor kurzem mit Mamitu, ihrer ersten Patientin, langgedienter OP-Schwester, liebevoller Betreuerin und Freundin, jeden Tag durch den wunderschönen Garten der Klinik, begrüßt von Mitarbeitern und Patientinnen. Zurückgezogen in ihrem kleinen Haus auf dem Klinikgelände, das sie gerade wegen der Einfachheit liebte, schlief sie in der Nacht auf Mittwoch ruhig ein, in den letzten Tagen begleitet von Dr. Fekade, dem ehemaligen Chefarzt der Hamlinkliniken.
Vor Jahren lernte sie Alice Emasu kennen, die ihr über ihre Vision einer Fistelklinik in Uganda berichtete. Ihr Kommentar: „We have to help this lady!“ Die Flamme tragen wir jetzt von Deutschland aus weiter nach Uganda.
Im Gedenken
Jutta Ritz
Dr. Barbara Teltschik
Vorstand Fistula e.V.